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Die Philosophie des Vereins

 

 

Auswege aus der Sprachlosigkeit

„ Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt “

Ludwig Wittgenstein

Dieses Zitat drückt deutlich aus, was es für „das Kommunikationswunder Mensch“ bedeutet, vor plötzlicher „Sprachlosigkeit“ zu stehen oder in der Kommunikation deutlich eingeschränkt zu sein. Bei einem Erwachsenen mit einem Sprachfehler ist das genauso schlimm wie bei einem Kind, das gerade seine Sprache erwirbt und durch eine Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung betroffen ist.

Meist beginnt ein langer, endlos erscheinender therapeutischer Weg. Frustration und emotionaler Rückzug sind häufig die Folge, egal in welchem Alter. In dieser therapeutischen Sackgasse ist es sinnvoll neue Anreize zu schaffen und parallel zur klassischen Sprachtherapie die Reittherapie zu nutzen.

So entstand der erste Wunsch, einen neuen Therapieansatz zu schaffen, der die Sprachtherapie mit den positiven Effekten der Reittherapie verknüpft und das gleich wohl Kinder als auch Erwachsene anspricht.

 

Auswege aus der Hilflosigkeit

„ Das beste für die Seele eines Menschen ist der Rücken eines Pferdes “

Lord Palmerston

Die Erfahrung zeigt, dass gerade bei austherapierten und therapiemüden Kindern und Erwachsenen das Pferd als Therapeut neue Wege und Möglichkeiten aufzeigt, neue Energiequellen wecken und ganz nebenbei vor allem noch Spaß und Lebensfreude vermittelt.

Wie schön wäre es denn, wenn der Betroffene die Therapie gerne macht oder diese gar nicht als Therapie ansieht? Für verhaltensauffällige, lern- oder geistig behinderte Menschen ist diese Therapie ebenso geeignet wie für psychisch kranke Menschen, sowie für Menschen, bei denen eine Wirbelsäulenproblematik, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates und/oder eine Hypotonie im Körperstammbereich im Vordergrund steht.

Auch die Reittherapie ist natürlich kein Wundermittel, obwohl schon manchmal kleine Wunder schon geschehen können ...

Ausritt1training

 

 

Ansätze und Grundlagen für das Heilpädagogisches Reiten als Individualförderung*

Wir arbeiten integrativ, sodaß die nachfolgenden Betrachtungen und Erklärungen gleichermaßen bei "normalen" wie bei auch bei Menschen mit Handicap seine Gültigkeit haben und sie sind unabhängig davon, ob es sich um Erwachsene, Jugendlichen oder Kindern handelt. Die nachfolgenden Erfahrungen wurden bei der Therapie von Kindern gesammelt.

Nach unseren Erfahrungen sind der Umgang mit Pferden und das Reiten unter entsprechender Um- und Aufsicht geeignet, um Kindern mit auffälligem Verhalten alternative emotionale Erfahrungen zu ermöglichen. Ganz besonders betrifft dies aggressive oder gehemmte Kinder, die durch die heilpädagogische Arbeit mit Pferden gefördert werden können.

Die Erfahrung, vom Pferd getragen zu werden

Das beinhaltet das Erleben, in einer Beziehung ausgehalten zu werden, und eröffnet dem Kind somit eine wichtige neue Erfahrung. Da alle diese Kinder wiederholt erleben mussten, dass sie für Eltern, Lehrer oder Erzieher nicht auszuhalten waren, ist diese neue, positive Beziehungserfahrung wesentlich. Denn kein Kind ist zu schwer, zu eklig, zu böse, zu gemein um nicht vom Pferd und in der Folge auch von dem/der jeweiligen Betreuer/in ausgehalten zu werden.

Die Erfahrung, das Pferd beim Reiten beeinflussen zu können

Dies eröffnet dem Kind die Möglichkeit, lenken, bestimmen sowie mächtig sein zu können und gibt ihm die Möglichkeit, seine Ohnmachtsgefühle durch die eigene Aktivität zu überwinden. Diese Kinder erleben sich in der Regel ohne Einfluss auf ihre Bezugspersonen und fühlen sich unverstanden und hin- und hergeschoben. Im Umgang mit dem Pferd und beim Reiten können sie andere Erfahrungen machen. Das Pferd ist hinsichtlich Tempo oder Richtung beeinflussbar, obwohl es wesentlich größer, stärker ist und obwohl das Pferd einen eigenen Willen hat. Gefühle der Ohnmacht können so bei Beachtung der Regeln im Umgang mit dem Pferd überwunden werden.

Die Erfahrung, dass das Ausüben von Kontrolle sinnvoll, notwendig und möglich ist

Es umfasst, das Beherrschen der Triebe des Pferdes und der eigenen Person. Das Erlernen Aggressionen zu erkennen und diese ‚Umzulenken’, eröffnet dem Kind die Möglichkeit, sich reif und handelnd zu erleben. Sie sind oft nicht in der Lage, ihre Triebe zu ‚zügeln’. Sie ‚rasten aus’, schlagen blindwütig los und schädigen sich und andere massiv. Der Umgang mit dem Pferd kann anderes Verhalten sinnvoll und attraktiv werden lassen. Das Kind erlebt oft in starker Identifizierung mit dem Pferd - dieses als sehr triebhaft, das heißt verfressen, verspielt, wüst und ungestüm etc. Durch das Erlernen des richtigen Umgangs mit dem Pferd machen Kinder die Erfahrung, dass diese starken Tiere kontrollierbar sind, ohne ihnen gefährlich zu werden. Die dominante, führende Hand des reitenden Kindes erlaubt ihm die  Erfahrung von positiver Kontrolle und das erträgliche Erleben von Grenzen. Im Umgang mit Pferden können in körpernaher, vorurteilsfreier und oft nonverbaler Weise hilfreiche Erfahrungen im Bereich der Selbst- und Fremdwahrnehmung gemacht werden.

Die Erfahrung, dass sich Heilpädagogisches Reiten für ganzheitliche Förderung in allen Wahrnehmungsbereichen auswirkt

Dies bietet die Möglichkeit individuell am emotionalen und kognitiven Entwicklungsstand des Kindes anzusetzen. So ist  auch bei Sprachentwicklungsverzögerungen und –störungen in Zusammenhang mit Wahrnehmungsbeeinträchtigungen, Kommunikationsstörungen, emotionalen Problemen, motorischen Entwicklungsverzögerungen, geistigen Behinderungen und Autismus, eine positive Tendenz zu beobachten.

Die Erfahrung, dass nicht nur die individuelle sondern auch die soziale Entwicklung durch den Umgang mit dem Pferd positiv beeinflusst und gefördert wird

Die Kinder lernen im Umgang mit dem Pferd mit ihren Frustrationen umzugehen und sich empathisch zu verhalten. Die eigene Selbsteinschätzung wird deutlicher wahrgenommen  und der Umgang mit Ängsten wird erlernt.

Die Erfahrung, dass Kinder mit besonderen Bedürfnissen und Beeinträchtigungen oft bereits lange, endlos erscheinende Fördermaßnahmen erfahren haben

Frustration und emotionaler Rückzug sind häufig die Folge. In dieser pädagogischen Sackgasse macht es Sinn das Heilpädagogische Reiten zu nutzen. Das Pferd als Partner zeigt neue Wege und Möglichkeiten auf, weckt neue Energiequellen und motiviert über Spaß und Lebensfreude.

Die Erfahrung, dass von dem Lebewesen Pferd seit jeher eine gewisse Faszination und Ausstrahlung ausgeht, die Kinder jeden Alters und jeder Persönlichkeit in ihren Bann zieht

Durch die hohe Attraktivität des Reitens erleben die Kinder eine immense Aufwertung ihrer Person. Im außerschulischen Lernort Reiterhof und dessen natürlicher  Umgebung können sich der Einzelne sowie die Gruppe anders erleben und alternative Beziehungen aufnehmen und aufbauen.

Durch die entsprechende institutionalisierte Reflexion des Teams kann es gelingen, der Gefahr von isolierten „Inselerlebnissen“ entgegen zu wirken. Und dem Kind zu helfen, neue Persönlichkeitszüge zu entfalten und deutlich  werdende Persönlichkeitsanteile zu integrieren. In diesem Sinne können durch die heilpädagogische Arbeit mit dem Pferd  Entwicklungen unterstützt und langfristig gestärkt werden. Durch die Verhaltensveränderung ändert sich auch die Wahrnehmung  und Einstellung der Mitmenschen im Umgang mit dem Kind.

*Mit Auszügen aus dem Buch "Getragenwerden und Einflussnehmen - Aus der Praxis des psychoanalytisch orientierten heilpädagogischen Reitens" (Gießen 1999, Psychisozial-Verlag). Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Susanne Kupper-Heilmann

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